Sehr geehrter Herr Andreas Lämmel,
wir sind auf den Artikel „Auf den Spuren von Onkel Ho“ in der Sächsischen Zeitung vom 19.5.2016 aufmerksam geworden, in dem berichtet wird, dass der vietnamesische Botschafter Doan Xuan Hung am 18.05.2016 auf dem Gelände des Diakonenhauses in Moritzburg die Wiederherstellung und Erweiterung des Ho Chi Minh Gedenkortes wünscht. In diesem Bericht wurde Ihr Name ebenfalls erwähnt und lässt der Eindruck entstehen, Sie würden dieses Vorhaben befürworten.
Erlauben Sie uns, zunächst unsere Sicht darzustellen.
Für die Vietnamesen, die vor der kommunistischen Unrechtsherrschaft und Missachtung der Menschenwürde geflüchtet sind und Zuflucht in Deutschland gefunden haben, ist dieses Vorhaben ein großer Affront und ein Stich in die alte Wunde.
Ho Chi Minh hatte den Kommunismus nach dem Vorbild des Stalinismus und Maoismus in Vietnam mit aller Macht eingeführt und ohne Rücksicht auf Verlust, sei es Menschenleben oder Frieden des Landes.
Nach außen gab er sich als Volksretter und Revolutionär, doch er verfolgte das Ziel, Vietnam komplett unter die kommunistische Herrschaft zu stellen.
Unterdrückung und Terror prägten sein Vorgehen. Seine Maßnahmen dienten nicht dem Frieden des Landes, sondern hatten unsägliches Leid über die vietnamesische Bevölkerung beider Seiten gebracht. Nachstehend einige Beispiele:
- in Nordvietnam ließ er vom 1953 bis 1956 hunderttausende Groß-/ grundbesitzer samt Familienangehörigen im Rahmen der Landreform grauenvoll foltern und töten.
- im Rahmen der „Hundert Blumen Kampagne“ vom 1954 bis1960 (nach dem Vorbild der „Kulturrevolution“ in China) wurden Schriftsteller, Komponisten, Musiker, Künstler u.v.m. massenhaft verhaftet und erhielten Berufsverbot. Zeitweise saßen bis 200.000 politische Gegner im Straflager ein.
- Bei der Tet-Offensive des Vietcongs in Hue (1968) wurden neben tausenden getöteten vietnamesischen Zivilisten auch vier Deutschen exekutiert (drei Ärzte Raimund Discher, Horst-Günther Krainick und seine Ehefrau Elisabeth sowie Alois Alteköster).
Im Vietnamkrieg starben 3 Millionen Soldaten der Nordvietnamesische Armee (NVA) und 1,3 Millionen südvietnamesische Soldaten sowie 2-4 Millionen vietnamesische Zivilisten. 58.220 US Soldaten und 5.264 verbündete Soldaten waren ebenfalls im Krieg gefallen.
Nach dem Kriegsende (30.04.1975) herrschten weiterhin Unterdrückung und Terror in Südvietnam. Männer, die unter der südvietnamesischen Regierung gedient haben, wurden in Zwangsarbeits- bzw. Umerziehungslager deportiert und eingesperrt. Deren Frauen und Kinder wurden aus ihren Wohnorten in sogenannte „ neue ökonomische Zonen“ verbannt, wo sie praktisch vor dem Nichts standen. Ca. 60.000 unerwünschte Südvietnamesen kamen ums Leben. Die daraus folgende Fluchtwelle aus Vietnam erreichte den Höhepunkt in den Jahren 1975-1982. Etwa 500.000 sogenannte „Boatpeople“ kamen auf ihrer Flucht im Meer um. Rund 1.218.000 Vietnamesen gelang die Flucht, und sie ließen sich in über 16 verschiedenen Ländern nieder.
Sehr geehrter Herr Lämmel,
in VN herrscht bis heute noch das totalitäre kommunistische Regime, in dem die Menschenrechte und die UN-Antifolterkonvention konsequent ignoriert werden.
Die vietnamesische kommunistische Regierung versucht dennoch immer wieder ihren damaligen Führer Ho Chi Minh im Ausland zu glorifizieren. 1990 scheiterte sie mit dem Versuch, Ho Chi Minh als Persönlichkeit der Weltkultur zu ehren, bei UNESCO (Paris)aufgrund des massiven Protestes der Freiheit liebenden Vietnamesen.
In Hanoi ist das Mausoleum von Ho Chi Minh aus unserer Sicht ein Schandfleck in Vietnam. Auf Deutschem Boden, wo die Würde des Menschen im Grundgesetz verankert ist, gibt es keinen Platz für die Ehrung eines Massenmörders bzw. eines totalitären, kommunistischen Diktators.
Die Herrichtung und der Ausbau des Ho Chi Minh-Gedenkortes in Moritzburg sind nicht nur eine Ohrfeige für die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft in Deutschland, sondern auch eine Missachtung und tiefe Beleidigung gegenüber den vietnamesischen Opfern.
Mit diesem Schreiben möchten wir Sie auf die Brisanz der geplanten Herrichtung des Gedenkortes in Moritzburg im Zusammenhang mit Ho Chi Minh hinweisen.
Als Freiheit liebende Bürgerinnen und Bürger in Deutschland wissen wir aufgrund unserer geschichtlichen Herkunft die Werte der Menschenrechte, Freiheit und Gerechtigkeit sehr zu schätzen. Wir sehen es als unsere Pflicht an, diese Werte zu verteidigen und sie den nachfolgenden Generationen vorzuleben, sowohl in Deutschland als auch in Vietnam.
Wir bitten Sie hierbei um Unterstützung und bedanken uns recht herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.
Mit freundlichen Grüßen
Frau Dr. med. Hoang, Thi My Lam
Vorsitzende des Bundesverbandes der vietnamesischen Flüchtlinge in der Bundesrepublik Deutschland e.V.